Dienstag, 24. November 2009

Klimagipfel: Das Zeitfenster schließt sich

Im Vorfeld der Klima-Konferenz in Dänemark warnen Experten vor einer Verharmlosung der Umwelt-Probleme. Bis 2020 könne man die Erhöhung des Meeresspiegels noch aufhalten. Danach seien Naturkatastrophen die Konsequenz aus jahrelanger Nachlässigkeit.Schon im Jahr 2020 schließt sich das Zeitfenster, in dem die Länder dieser Welt mit der Senkung von CO-Emmissionen etwas hätten ändern können.

Der Klimawandel ist für viele von uns bisher nur eine Anhäufung abstrakter Zahlen - das könnte sich allerdings sehr bald ändern. Dann nämlich, wenn die 192 Nationen auf dem Klimagipfel vom 7. bis zum 18. Dezember in Kopenhagen, in dem eine Nachfolgevereinbarung für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ausgehandelt werden soll, zu keiner vernünftigen Einigung kommen. „Das Zeitfenster, innerhalb dessen wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch abwenden können, schließt sich zusehends“, sagte kürzlich der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber.

Überflutung und Verwüstung
Und im Jahr 2020, so schätzen Klimaforscher, wird das Fenster zugeschlagen sein. Die Wissenschaftler des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) gehen davon aus, dass eine globale Erwärmung von mehr als zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbare Folgen haben wird. Um diese Zwei-Grad-Marke einzuhalten, müssten aber die Emissionen bis 2050 um die Hälfte reduziert werden (im Verhältnis zum Vergleichsjahr 1990).

Danach sieht es derzeit aber gar nicht aus. Weder die USA noch die EU haben bisher konkrete Ziele genannt, zu denen sie sich verpflichten lassen wollen. Auch die Milliarden, die für den Klimaschutz in Entwicklungsländern gebraucht werden, will niemand zur Verfügung stellen. Es ist ein Spiel auf Zeit.

Zeit, die man nicht hat, denn vielerorts sind die Auswirkungen der globalen Erwärmung schon jetzt zu spüren. In Venedig etwa holt man sich heute schon weitaus öfter nasse Füße als noch vor einhundert Jahren, der Wasserstand ist in diesem Zeitraum um 23 Zentimeter gestiegen. Wissenschaftler des venezianischen Instituts für Meeresbiologie (ISMAR) haben errechnet, dass im Jahr 2100 der Meeresspiegel im günstigsten Fall um weitere mindestens 12 Zentimeter gestiegen sein wird - wenn nichts dagegen unternommen wird. Nun kann Venedig mit viel Geld dem Untergang begegnen, unter anderem mit dem Schleusentorprojekt Mose. Ähnlich wie auch die Niederlande viel Geld investieren, um ihre Landflächen zu schützen, die ohnehin zu über 50 Prozent unterhalb des Meeresspiegels liegen.

Ganz anders sieht die Sache aber in armen Ländern aus, in Bangladesch etwa. Das Land hat seit seiner Gründung im Jahre 1972 nur zu etwa 0,06 Prozent zu den weltweiten CO-Emissionen beigetragen, aber Millionen Menschen leben hier weniger als einen einzigen Meter über dem Meeresspiegel. Steigt das Wasser durch den Klimawandel nur diesen einen Meter hoch - was schon im Jahr 2100 möglich ist - so könnte ein Fünftel der Landesfläche versinken.

Aber nicht nur die Menschen sind vom Klimawandel bedroht, auch vielen Naturparadiesen droht weltweit das nahe Aus. So liegen etwa die Malediven mit ihren etwa 1200 Inseln zu 80 Prozent nur maximal einen einzigen Meter über dem derzeitigen Meeresspiegel. Damit aber nicht genug: Die hohe CO-Aufnahme in die Weltmeere führt zu einer Herabsetzung des pH-Wertes, die Ozeane übersäuern, die Meereslebewesen sterben. Bei einem Temperaturanstieg von nur drei Grad wird Australiens berühmtes Great Barrier Reef mit seinen hunderten Korallenarten sterben.

Dabei sind steigende Wassermassen nicht das einzige Problem. Fast ein Drittel der gesamten Landmasse unseres Planeten ist aktuell schon von Verwüstung bedroht, sagt die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Solche Nachrichten gibt es kurz vor dem Klimagipfel jeden Tag. Allesamt sind es Mahnungen an die Politik.

Auch eine solche: Unicef veröffentlichte gestern eine Bilanz, nach der schon heute jedes zweite Opfer einer Naturkatastrophe ein Kind ist. Wegen des Klimawandels werde sich deren Zahl bis zum Jahr 2015 verdoppeln. Eine Prognose, die die Politik in Kopenhagen zum Handeln zwingen müsste. US-Präsident Obama, so hieß es gleichzeitig, wolle in den nächsten Tagen nun doch ein konkretes Ziel für die Reduzierung der Treibhausgase nennen. Bislang hatte er dies vermieden. Womöglich helfen die Mahnungen ja doch etwas.

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